Sinnvolle Marketing-Automation für den B2B-Mittelstand

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Marketing-Automation für den B2B-Mittelstand: Chancen, Integration, Umsetzung

Marketing-Automation breitet sich mehr und mehr im B2B-Marketing aus. Richtig umgesetzt lassen sich darüber neue Umsatzpotenziale erschließen. Aber wie genau lässt sich die Marketing-Automation am besten umsetzen? Für welche B2B-Marketingprozesse ist die Automation am sinnvollsten? Und in welche Marketing-Strategien lässt sie sich am besten integrieren? Das zeige ich in diesem Blogbeitrag.

Was ist Marketing-Automation und was ist es nicht?

Fangen wir damit an, was Marketing-Automation nicht ist: Marketing-Automation ist nicht bloß ein Tool, das E-Mail-Marketing vereinfacht. Die Automation ist auch nicht nur dafür da, einem Marketer wiederkehrende (und unliebsame) Aufgaben abzunehmen. Marketing-Automation ist nicht einfach eine Software, die einmal installiert, wie durch Zauberhand die Marketingarbeit beschleunigt. Sie ist auch kein Allheilmittel für Marketer, die ihre Prozesse für Werbung oder die Vertriebsunterstützung effizienter gestalten wollen.

In der Regel ist Marketing-Automation ein Bestandteil von CRM-Systemen und wird für Inbound-Marketing-/Lead-Management-Strategien eingesetzt. Hier kann sie Kommunikations-Maßnahmen für die Content-Verbreitung, das Lead-Nurturing, die Kundenbindung, für Cross- und Up-Selling sowie den Kundenservice automatisieren.

Sinnvolle Marketing-Automation ist in einen Inbound-Marketing-/Lead-Management-Ansatz integriert. Sonst können Sie höchstens einzelne Maßnahmen, wie eine Begrüßungs-E-Mail nach einer Newsletter-Anmeldung automatisieren. Das kostet zwar vergleichsweise nicht viel, bringt aber auch nicht wirklich etwas. Eine Inbound-Marketing-/Lead-Management-Strategie kann dagegen ganz neue Kunden- und Umsatzpotenziale eröffnen. Hier ist vereinfacht und beschleunigt die Marketing-Automation viele der damit verbundenen Kommunikations-Prozesse. Einige macht sie zum Teil auch erst möglich.

Was bringt die Automation von Marketing-Maßnahmen?

Im Rahmen einer Inbound-Marketing-Strategie und eines Lead-Management-Prozesses kann Marketing-Automation wiederkehrende Kommunikations-Maßnahmen entlang einer zuvor definierten Customer-Journey automatisieren. Diese reichen von der ersten Konversion von Interessenten über die Entwicklung dieser Interessenten zu vertriebsreifen Leads bis hin zur Übergabe der Leads an den Vertrieb und zusätzliche Kundenbindungs-Maßnahmen nach dem Kauf.

Dabei erhöht die Automation die Effizienz: Beispielsweise ist es sehr aufwändig, jeden Download händisch zu erfassen, den Kontakt dann mit einer manuellen E-Mail zur Newsletter-Anmeldung oder zum nächsten Inhouse-Event einzuladen. Werden solche Kommunikations-Maßnahmen automatisiert, gewinnen Marketer an echter Schlagkraft. Zudem wird so ein echtes Lead-Nurturing entlang der Customer-Journey erst möglich.

Damit die Automation ihre volle Wirkung entfalten kann, benötigt es allerdings ein zuvor festgelegtes Scoring-System, definierte Touchpoints für den Kundenkontakt und Customer-Journeys für die Zielgruppen. Das heißt, bevor Sie Marketing-Automation effektiv einsetzen können, benötigen Sie die dafür nötigen Prozesse.

Inbound-Strategie und Lead-Management-Prozesse

Inbound-Marketing ist ein Marketing-Ansatz, der darauf baut, dass Interessenten von sich aus den Kontakt zu einem Unternehmen aufnehmen und im Austausch für relevante Mehrwert-Informationen freiwillig Kontaktdaten liefen. Der Lead-Management-Prozess setzt an, wenn der Interessent seine ersten Kontaktdaten abgegeben hat. Ziel ist es, die Daten des Interessenten zu ergänzen, um ihn besser kennenzulernen und so zu erfahren, ob und wann ein konkreter Bedarf für den Kauf vorliegt.

Durch gezieltes Aussenden von Fach-, Referenz- und Produktinformationen wird der Interessent entlang einer Customer-Journey durch die AIDA-Stufen geführt, bis er vertriebsreif ist. Dabei werden die bereitgestellten Informationen immer weiter konkretisiert. Gesteuert wird das über einen Lead-Nurturing-Prozess, der Mithilfe eines Scoring-Systems bestimmen lässt, auf welcher Stufe sich der Interessent befindet. Hat der Interessent eine Stufe erreicht, die kurz vor dem Punkt Action der AIDA-Formel liegt, wird er dem Vertrieb übergeben, damit die Vertriebskollegen Kontakt aufnehmen und hoffentlich den Kauf abschließen können.

Dieses Lead-Management kann je nach CRM-System weitestgehend automatisiert werden. Dabei kann die Komplexität des Prozesses je nach Unternehmens-Anforderungen variieren. Grundlage für den Prozess sind Buyer-Personas für die einzelnen Zielgruppen-Segmente, Customer-Journeys für die Personas und Prozesse für die Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb (Abteilungssilos darf es hier nicht geben).

Nicht unterschätzen: Einführung einer Inbound-Marketing-/Lead-Management-Strategie

Der Aufwand, um eine Inbound-Marketing-/Lead-Management-Strategie einzuführen, darf nicht unterschätzt werden. Hierzu gehören Prozesse zur Content-Erstellung, Content-Verbreitung, dem Lead-Nurturing und der Lead-Verwaltung im CRM-System. Zusätzlich benötigen Sie Buyer-Personas für die Content-Erstellung und Verbreitung, definierte Touchpoints für die Lead-Gewinnung, eine Customer-Journey und ein Scoring-System für das Lead-Nurturing.

Das Einführen dieser Prozesse kostet Zeit. Zusätzlich ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb nötig. Je nachdem, wie intensiv Sie Inbound-Marketing und Lead-Management betreiben, können sie mitunter auch einen Großteil der Marketingressourcen beanspruchen. Richtig umgesetzt lassen sich darüber aber völlig neue Umsatzpotenziale erschließen und die Arbeit des Vertriebs vereinfachen.

Buyer-Personas und Customer-Journey

Buyer-Personas unter der Lupe, Bild: Gerd Altmann, Pixabay

Die Buyer-Personas sind die Grundlage des Inbound-Marketings und damit auch des Lead-Management-Prozesses. Sie sind das Konzentrat aus der Zielgruppen-Segmentierung. Dafür wird aus jedem Zielgruppen-Segment eine prototypische Persona erstellt, die stellvertretend für die gesamte Zielgruppe steht. Im B2B-Bereich müssen dafür die konkreten Ansprechpartner in den Kundenunternehmen erfasst werden, um sie als Blaupause für die Personas zu nehmen. Im B2B-Bereich und ganz speziell bei Investitionsgütern hat man es in der Regel mit Buyer-Centern zu tun. Hier ist es sinnvoll, für jede Rolle eine Persona zu erstellen. Für die Charakterisierung ist es wichtig, zu erfassen, welche Wünsche, Bedürfnisse, Anforderungen, Probleme und Ziele jeder einzelne Ansprechpartner entlang der Customer-Journey hat. So können dafür gezielte Informationen zur Verfügung gestellt werden.

Die Customer-Journey wird entlang des potenziellen Kaufentscheidungs-Prozesses jeder Persona gebaut. Für jede Stufe (AIDA-Formel oder Bewusstseinsphase, Überlegungsphase, Entscheidungsphase etc.) müssen Kriterien erstellt werden, um den jeweiligen Interessenten einordnen zu können. Hierfür eignet sich ein Scoring-System. Je nachdem, welche Touchpoints ein Interessent genutzt hat und welche Kommunikations-Maßnahmen er konsumiert hat, wird ihm dafür ein Punktewert verliehen. Je nach Punktwert kann der Interessent einer Stufe in der Journey zugeordnet werden.

Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb

Buyer-Personas, Customer-Journey und Scoring-System müssen gemeinsam mit dem Vertrieb erstellt werden. Hier bringt es nichts, wenn die Marketing-Abteilung das alleine versucht. Silo-Denken führt hier nur zum Scheitern. Das kann nicht oft genug betont werden. Der Vertrieb kennt die Ansprechpartner auf Kundenseite, deren Bedürfnisse und Anforderungen am besten. Die Vertriebskollegen können auch am besten sagen, welche Argumente wann bei den Ansprechpartnern am besten treffen. Zudem kann nur der Vertrieb definieren, welche Informationen er für einen Interessenten benötigt, um dessen Vertriebsreife einschätzen zu können. Das ist unabdingbar für die Definition der Customer-Journey und des Scoring-Systems. Bei der Persona-Erstellung ist es zusätzlich sinnvoll, andere Abteilungen mit Kundenkontakt ins Boot zu holen, beispielsweise den Service, die Reklamationsabteilung oder das Projektteam.

Zu guter Letzt müssen Prozesse dafür festgelegt werden, wenn ein Interessent vertriebsreif ist und an den Vertrieb übergeben werden soll. Hier muss geklärt werden, ab wann der Interessent vertriebsreif ist und wie die Vertriebskollegen weiter mit den Interessenten umgehen. Je nachdem, ob ein Interessent einen Auftrag abschließt oder auch nicht, sollte die Marketing-Abteilung automatisch über das Ergebnis informiert werden. Das ist wichtig, um den Erfolg der Maßnahmen analysieren zu können und den Lead-Management-Ansatz gegebenenfalls anpassen zu können.

Organisatorische Verankerung der Marketing-Abteilung für die Inbound-Strategie und den Lead-Management-Prozess

Wer sich entscheidet, eine Inbound-Strategie und einen Lead-Management-Prozess umzusetzen, gibt dem Marketing eine wichtigere Rolle für die Kundengewinnung. In Unternehmen, in denen die Marketing-Abteilung nur Dienstleister für den Vertrieb ist und sich dann noch ein bisschen um die Markenpositionierung kümmern darf, mag das einem Paradigmenwechsel gleichkommen (mit allen daraus entstehenden Chancen und Konflikten). Mit Inbound-Marketing und Lead-Management übernimmt die Marketing-Abteilung einen größere Verantwortung für den Unternehmenserfolg. Zudem wird das Thema Informations-Management wichtiger. Entscheidend für den Unternehmenserfolg wird immer häufiger, dass die richtige Information zur richtigen Zeit in der richtigen Form an die richtige Person erreicht.

Um das leisten zu können, muss sich die Marketing-Abteilung sehr gut mit den Wissens- und Know-how-Trägern im Unternehmen vernetzen. Nur so kann sie stets über alle Neuigkeiten, Innovationen, Entwicklungen und strategischen Entscheidungen informiert sein. Zudem sind interne Prozesse für den Informationsfluss von allen Abteilungen mit Kundenkontakt zur Marketing-Abteilung sinnvoll. Nur so gelingt es, Themen zu finden und Contents zu erstellen, die die Marke positionieren, neue Interessenten zur Konvertierung zu bringen, Leads entwickeln und so den Vertrieb unterstützen.

Zusätzlich müssen die Marketing-Mitarbeiter ständig über Änderungen bei Kundenstruktur und Kundenbedürfnissen informiert werden und sie benötigen alle relevanten Informationen aus dem Unternehmen über Anwendungs- und Projektbeispiele, typische Reklamationen usw. Ein monatliches Meeting mit Vertrieb, Service, Projektabteilung und Produktentwicklung genügt da nicht. Hier muss eine enge Zusammenarbeit stattfinden. In der Regel benötigt der Aufbau solcher Strukturen die Unterstützung der Geschäftsführung.

Technische Integration der Prozesse: CRM-System und Automation

Zahnräder symbolisieren die Integration dre Marketing-Automation, Bild von: Digital Buggu, Pexels

Die technische Integration der Prozesse läuft hauptsächlich über das CRM-System. Das CRM-System ist zuständig für die Darstellung aller Kontaktdaten und der Marketing- und Vertriebsprozesse. In der Regel haben die meisten Systeme heutzutage auch Features für die Marketing-Automation. Diese können von einfacher Serienbrief-Funktion bis hin zum individuellen Ausspielen von Website-Inhalten je nach Klickhistorie des Interessenten reichen. Alternativ können auch individuelle Programme für die einzelnen Maßnahmen genutzt werden. Hier kommt es jedoch auf gute Schnittstellen.

Zusätzlich sollte das CRM-System an die Vertriebs- und Marketing-Prozesse angepasst werden. D. h., dass alle Prozesse von der Eingabe der ersten Kontaktinformation bis hin zum Auftragsabschluss und darauf folgende Kundenbindungs-Maßnahmen im CRM-System dargestellt werden müssen. Dazu gehören: der komplette Lead-Management-Prozess inklusive dem Scoring-System und der Customer-Journey, die Kunden- und Kontaktverwaltung bei Pre- und Aftersales, die Informationsübermittlung nach neuen Projekten; Informationen aus der Entwicklung und aus der Service-Abteilung müssen ebenfalls im CRM-System festgehalten werden. Sinnvoll ist zudem ein Content-Management-System zur Verwaltung des Marketing-Contents, das eng mit dem CRM-System verknüpft ist.

Hier setzt auch die Marketing-Automation an. Diese beginnt bei automatisierten Begrüßungs-/Follow-Up-Mails nach Newsletter-Anmeldung, Download oder Messebesuch und geht bis hin zum Ausspielen individualisierter Newsletter und Website-Inhalte je nachdem, auf welcher Stufe der Customer-Journey und welchem Informationsbereich ein Interessent zugeordnet wurde.

Fazit:

Wer Marketing-Automation einführen möchte, benötigt zunächst viel Vorarbeit. Es geht dabei nicht nur um die Auswahl und Implementierung der richtigen Software, sondern um grundlegende Überlegungen über die eigene Marketing-Strategie. Marketing-Automation hat nur Sinn im Zuge einer Inbound-Marketing-/Lead-Management-Strategie. Dafür müssen Prozesse geschaffen, mitunter Prioritäten und Aufgaben im Unternehmen verschoben und auch neue Kompetenzen geschaffen werden. Je nach Unternehmen kann das zu einer großen Change-Situation führen. Zusätzlich zum Lead-Management müssen auch interne Prozesse für den Informationsfluss, die Content-Erstellung und die Content-Verbreitung geschaffen werden. Nur so lassen sich individuelle Informationen für die gesamte Customer-Journey entwickeln und verbreiten.

Unternehmen, die das Thema ganzheitlich angehen, können große Umsatzpotenziale erschließen. Über Inbound-Maßnahmen wie SEO, Social-Media, einen Company-Blog, Webinare und Download-Angebote können potenzielle Kunden erreicht werden, die der Vertrieb alleine niemals für sich gewinnen könnte.

Jedes Unternehmen muss sich aber auch fragen, wie aufwändig das Inbound-Marketing und der Lead-Management-Prozess gestaltet werden soll. Wer zunächst noch nicht zu viel Geld ausgeben möchte, kann für den Anfang auch nur einzelne Prozesse automatisieren, um so das Potenzial zu prüfen.

Für die Auswahl der richtigen CRM-Software ist es wichtig, die eigenen Marketing- und Vertriebsprozesse genau zu kennen. So kann Sie für den Software-Anbieter ein vollständiges Pflichtenheft erstellen und auch selbst prüfen, ob eine Software die Anforderungen erfüllt.

Dieser Beitrag ist ein Repost meines Gastartikels im Upload-Magazin, der erstmals am 22.09.20 erschienen ist.

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